Anlegerbrief

Anlegerbrief Februar 2021

Gut gegen Böse, Robinhood gegen das Establishment – an der Börse rumort es. Aber noch stimmt die Richtung. Lesen Sie außerdem über die Erfolgsgeschichte des MDAX und warum manche Aktien einfach nur teuer und keinesfalls kaufenswert sind.
Dr. Marc-Oliver Lux
February 18, 2021
Der Dr. Lux & Präuner Anlegerbrief

Inhalt

Börse aktuell: Möge die Macht mit Euch sein!

Langweilig waren die letzten Tage keinesfalls, denn in den Schmuddelecken der Börse tobt ein Kampf: Gut gegen Böse – so das Motto einer großen Schar Social-Media-Zocker, die gegen die Macht der bisherigen „Master of the Universe“, den Hedgefonds, aufbegehren: Privatanleger haben sich über eine Social-Media-Plattform zu gezielten Aktienkäufen verabredet, die zu einer Kurs-Vervielfachung führten und Hedgefonds, die in dem jeweiligen Wert mit Leerverkäufen stark auf fallende Kurse gesetzt hatten, in arge Bredouille brachten. Die Leerverkäufer wurden zur Schließung und Rückkauf ihrer Positionen gezwungen. Das trieb den Kurs natürlich erst recht nach oben. Von den betroffenen Aktien wie Gamestop oder AMC Entertainment hat man vorher nie etwas gehört, und fundamental handelt es sich auch eher um Pleitekandidaten, aber die konzertierte Aktion der „guten“ Kleinanlegern gegen „böse“ Profispekulanten zeigt wieder einmal die Macht des Internets: Im Schwarm können Kleinanleger die Profis mit ihren eigenen Waffen schlagen und bisherige Gesetzmäßigkeiten an der Börse, wonach nur institutionelle Anleger Kurse bewegen können, über den Haufen werfen.

Die irren Kursausschläge machen Finanzexperten jedoch auch Sorge, denn in einigen Werten und Branchen bricht sich Euphorie Bahn. Die leicht angestaubte Börsenweisheit „Die Hausse nährt die Hausse“ besagt, dass positive Stimmung an den Börsen ansteckend ist. Rekordstände bei den Aktien ziehen immer neue Anleger an, die bisher nur Zuschauer waren und dann doch noch auf den fahrenden Zug aufspringen wollen. Mit Discountkonditionen und lockerer Aufmachung machen es da auch neue Onlinebanken und Trading-Plattformen wie Robinhood unbedarften Privatanlegern leicht, schnell mal Geld in Aktien anzulegen. Die klassische Bankfiliale ist out, man handelt heute Aktien per Smartphone zu (fast) null Kosten.
Hoffentlich werden diese Aktienneueinsteiger nicht ausgebremst, denn das Bewertungsniveau von Aktien liegt aktuell höher als vor der Corona-Krise und auch hoch im langfristigen Vergleich, am höchsten in den USA: Im DAX liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für das kommende Jahr bei 15,3 – das heißt, die DAX-Konzerne werden im Schnitt mit dem 15,3-fachen ihrer für 2021 erwarteten Gewinne bewertet. Im STOXX Europe 600 liegt das KGV bei 17,3 und im S&P 500 sogar bei 21,5. Richtig teuer sind vor allem Technologieaktien.

Bei den klassischen Unternehmen sind die Gewinne im letzten Jahr eingebrochen, die Kurse aber letztlich trotzdem gestiegen. Die aktuell erhöhten KGVs relativieren sich vor dem Hintergrund, dass die Unternehmen in diesem Jahr ihre Gewinne wieder deutlicher steigern dürften, je mehr sich die Corona-Lage entspannt. Auch die niedrigen Zinsen lassen laut Experten ein überdurchschnittliches Bewertungsniveau zu. Vielleicht kommen die Robinhoodler also gerade noch zur rechten Zeit.

MDAX wird 25

Aktien: Der MDAX wird 25 – und schlägt den DAX um Längen

Er steht im Schatten des großen Bruders, braucht sich aber nicht hinter ihm zu verstecken. Im Gegenteil: Der MDAX - der Börsenindex der mittelgroßen deutschen Firmen - ist eine Erfolgsgeschichte und hat den DAX in der Performance längst überholt. Seit seiner Auflegung vor 25 Jahren am 19. Januar 1996 hat der MDAX um mehr als 1100 Prozent zugelegt. Der acht Jahre ältere Dax brachte es seither "nur" auf ein Plus von gut 500 Prozent.
Im Hauptfokus steht der MDAX mit seinen 60 mittelgroßen Unternehmen bei Investoren jedoch nicht. Der DAX mit seinen 30 Werten stiehlt ihm als Aushängeschild der deutschen Konzerne die Show. Die allermeisten Investoren - Institutionelle ebenso wie Privatanleger - schauen vor allem auf den DAX. Das führt auch dazu, dass der MDAX von Analysten viel weniger beachtet wird.

Für das bessere Abschneiden gibt es jedoch viele Gründe. Die Unternehmen im MDAX sind überwiegend kleiner als die Dickschiffe im DAX. Das macht sie flexibler, sie können schneller auf Veränderungen des Umfelds reagieren. Viele dieser Unternehmen zählen zudem zu Weltmarktführern oder zumindest zu den führenden Anbietern ihrer jeweiligen Branche. Die Vielfalt der vertretenen Branchen und die Innovationskraft dieser mittelständisch geprägten Firmen zeichnen den MDAX aus. Außerdem findet in kleineren Indizes typischerweise eine stärkere kontinuierliche Durchmischung mit wachstumsfrischen Unternehmen statt.

Nicht nur den DAX, sondern auch den ganz kleinen Bruder SDAX mit 70 kleineren Unternehmen hat der Index der mittelgroßen Werte geschlagen. Der SDAX wurde gut drei Jahre nach dem MDAX aus der Taufe gehoben und hat seither rund 430 Prozent zugelegt. Die bessere Entwicklung des MDAX im Vergleich zum SDAX liegt vor allem daran, dass die besonders guten Firmen mit steigenden Kursen relativ schnell in den MDax aufsteigen. Der MDAX profitiert damit längere Zeit von guten Unternehmen als der SDAX - denn für den Aufstieg in die höchsten Weihen des DAX sind die Hürden deutlich höher.

Dem MDAX steht im Jubiläumsjahr jedoch eine größere Veränderung bevor. Im Zuge der durch die Vorgänge um das Skandalunternehmen Wirecard angestoßenen Indexreform wird der DAX im September um zehn Werte auf dann 40 aufgestockt; der MDAX der mittelgroßen Werte schrumpft im Gegenzug – nur zwei Jahre nach seiner Erweiterung von 50 auf 60 - nun wieder auf 50 Unternehmen.
Damit verliert der MDAX seine größten Unternehmen und ein Drittel an Marktkapitalisierung. Viele Investoren befürchten daher, dass der MDAX drastisch an Bedeutung einbüßen könnte und als großer Verlierer aus der Reform hervorgeht.
Als sicherer Aufsteiger in den DAX gilt der Flugzeugbauer Airbus, der von der Marktkapitalisierung her eigentlich schon lange in den Leitindex gehört. Bislang scheiterte er aber an seinem vergleichsweise geringen Handelsvolumen. Weitere Aufstiegskandidaten vom MDAX in den DAX sind die Siemens-Ausgründungen Siemens Healthineers und Siemens Energy, der Duftstoffhersteller Symrise, der Onlinehändler Zalando, der Labortechnikanbieter Sartorius, der Biotechkonzern Qiagen oder der Chemiehändler Brenntag.

Unsere Einschätzung:
Als DAX-Outperformer war der MDAX auch viele Jahre fester Investmentbestandteil in unserem Anlagekonzept STARKE MARKEN. Denn Wachstum findet in Deutschland in der zweiten Reihe statt, nicht in der ersten DAX-Liga. Der deutsche Mittelstand ist das Rückgrat und der eigentliche Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft und fand bisher im MDAX ein hervorragendes Nest. Hoffentlich macht die DAX-Reform das nicht zunichte.

Überteuerte Aktien

Aktien: Manches ist einfach nur überteuert

Die meisten Aktien haben seit dem Corona-Crash im März letzten Jahres eine ordentliche Erholung hingelegt. Vieles, was mit Digitalisierung zu tun hat, wurde sogar auf Allzeithochs gepusht. Und dann gibt es noch einige Highflyer, die einfach den Vogel abgeschossen haben:
Tesla zum Beispiel: In 2019 kosteten die Papiere des Elektroautopioniers zeitweise unter 40 USD, jüngst waren es fast 900 USD. Mit einem Börsenwert von 780 Milliarden Dollar ist der von Elon Musk geführte Konzern mehr wert als die weltweit nächstgrößeren Autobauer Toyota, Volkswagen, Nio, BYD, Daimler, General Motors, BMW, Great Wall Motor und Honda zusammen. Um diese Börsenbewertung zu rechtfertigen, müsste Tesla eines Tages mehr als die Hälfte aller weltweit verkauften Autos produzieren und gewinnbringend verkaufen - selbst dann wäre die Aktie nicht preiswert.

Es bedarf keiner spektakulären Meldungen mehr, damit die Kurse steigen. Auch dass Tesla es nicht mit Autos, sondern mit verkauften CO2-Zertifikaten schafft, schwarze Zahlen zu bilanzieren, interessiert offenbar wenig. Stattdessen kaufen Anleger in der Erwartung, dass immer noch mehr Investoren auf die Gewinneraktie setzen. Allein 2020 gewann der Hersteller von Elektroautos mehr als eine halbe Billion Euro an Börsenwert hinzu. Das gab es noch nie. Tesla ist ein Extrembeispiel, aber es gibt noch mehr solcher Aktien: Ballard Power hat sich binnen eines Jahres fast verfünffacht, ITM Power ist 10-mal mehr wert und Plug Power sogar das 20-fache. Diese Firmen versuchen sich an der Wasserstofftechnik. Gewinne? Weitgehend Fehlanzeige! Auch hier zählt nur die Spekulation darauf, dass andere Anleger aufspringen und den Kurs weiter treiben.

Mancher Investor fühlt sich an den Neuen Markt und die Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende erinnert. Im Gegensatz zu damals mag das aktuell niedrige Zinsniveau eine hohe Bewertung bei Tech-Titeln rechtfertigen. Rein mathematisch fällt der Abzinsungsfaktor zukünftiger Gewinne bei Nullzinsen deutlich niedriger aus, was den Unternehmenswert in der Gegenwart massiv erhöht. Weil Anleger dies bei Unternehmen mit langfristig interessanten Wachstumsaussichten einfach heute schon einpreisen, sind die Kurse von Technologieaktien spektakulär in die Höhe geschossen. Die Parallelen zwischen der aktuellen Tech-Hausse und der Dotcom-Blase halten sich somit in Grenzen.
Das bedeutet allerdings nicht, dass es keine Absturzrisiken gäbe. Denn auf der Hausse-Welle schwimmen auch Kandidaten mit, die mehr von der Phantasie und dem Optimismus der Anleger leben als von nachhaltigen Geschäftszahlen. Enttäuschende Geschäftsentwicklungen werden fast zwangsläufig zu überproportional starken Bewertungsrückgängen und damit stark fallenden Aktienkursen führen. Viele Next-Generation-Aktien sind einfach viel zu hoch bewertet. Langfristig kehren Aktienkurse jedoch zur Normalität zurück. Das heißt, sie steigen nur so viel, wie die Unternehmensgewinne steigen. Erscheinen die Perspektiven bei einer anderen Firma besser, deren Kurs weniger oder nicht gestiegen ist, wird auf Dauer dieser Anteilsschein mehr zulegen - und nicht der stark gestiegene mit schlechteren Perspektiven.

Die Betonung liegt "auf Dauer". Übertreibungsphasen an der Börse gibt es immer wieder. Gemeinsam ist allen Euphorie-Phasen der anschließende Absturz. Extrem niedrige Zinsen und das viele billige Geld mögen diesen zweiten Teil der Börsengeschichte hinauszögern. Doch dass sich einzelne Branchen wie Wasserstoff oder die Aktie eines Unternehmens wie Tesla dauerhaft den Gesetzmäßigkeiten an der Börse entzieht, sollte niemand erwarten. Am Ende gilt es, rechtzeitig aus überteuerten Aktien herauszukommen. Dies wird nicht allen gelingen. Denn verkaufen alle gleichzeitig, dann bricht der Kurs so dramatisch ein, dass niemand glimpflich davonkommt.

Unsere Einschätzung:
An Technologiewerten kommt man heute nicht mehr vorbei. Dennoch wahren wir in unserem Aktienkonzept STARKE MARKEN bewusst eine Balance zwischen Unternehmen mit Wachstumsperspektiven, aber vergleichsweise hoher Bewertung, und Firmen mit widerstandsfähigen Erträgen und bescheidenerem Wachstumspotenzial, die dafür vernünftig bepreist sind.

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