Anlegerbrief

Anlegerbrief März 2024

18.000 im DAX und kein Ende in Sicht. Oder vielleicht doch? Lesen Sie außerdem, wie die Bundesregierung jetzt doch noch die Aktienrente aufs Gleis bringen will, und wo die Zinswende schon wieder zu Ende zu sein scheint.
Dr. Marc-Oliver Lux
March 20, 2024
Der Dr. Lux & Präuner Anlegerbrief

Inhalt

Börse aktuell: Der nächste Tausender fällt

Drei Monate beschäftigte sich der DAX mit der 17.000er-Marke, dann ging es flott in vier Wochen um weitere tausend Punkte nach oben. Neues Allzeithoch bisher: 18.098. Es muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, aber kann es so weiter gehen?
Die eher miese Stimmung in der inländischen Wirtschaft kann der deutsche Aktienindex offensichtlich ganz gut wegstecken. Der ifo Geschäftsklimaindex dümpelt seit Jahresanfang unter 86 Punkte. Niedriger lag der wichtige Frühindikator in den vergangenen 20 Jahren nur im ersten Jahr der Coronapandemie und während der globalen Finanzkrise. Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession fest. Bereits im vergangenen Jahr war das Bruttoinlandsprodukt um 0,3% geschrumpft. Auch im laufenden ersten Quartal dürfte die Konjunktur unter Druck bleiben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für Deutschland in diesem Jahr von 0,9% auf 0,5% nahezu halbiert.
Auf globaler Ebene sieht es besser aus. Und davon profitieren unsere DAX-Konzerne, denn in den Auslandsmärkten verdienen sie vier von fünf Euro. Für 2024 hat der IWF seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft von 2,9% auf 3,1% angehoben, für China sogar auf 4,6%, das einschließlich Taiwan für die hiesigen Konzerne nach den USA der wichtigste Auslandsmarkt ist.

Impulse für Aktiengewinne liefert natürlich auch die Aussicht auf eine geldpolitische Wende. Ab Juni dürfte es soweit sein, auch wenn die Notenbanker aktuell versuchen, allzu große Zinssenkungsspekulationen an der Börse zu bremsen. In Anbetracht der deutlich zurückgegangenen Inflationsraten in Europa und den USA glaubt die Börse jedoch fest an fallende Leitsätze.
EZB-Chefin Lagarde vertröstete jüngst in der letzten Notenbanksitzung auf die nächsten Monate: „Im April werden wir ein wenig mehr wissen, aber im Juni werden wir viel mehr wissen." Auch Powell, Notenbankchef der amerikanischen Federal Reserve, wiederholte seine Aussage, dass es wahrscheinlich angebracht sei, die Zinsen "irgendwann in diesem Jahr" zu senken. Er machte jedoch deutlich, dass die Währungshüter noch nicht so weit sind und auf mehr Belege warten, dass sich die Inflation nachhaltig auf das Zwei-Prozent-Ziel der Zentralbank zubewegt. Die Währungshüter wollen vorschnelle Zinssenkungen vermeiden und erst sichergehen, dass die Lohnanstiege nicht ausufern.
Solange der Markt also weiter auf die Zinskarte setzt, können die Kurse im Prinzip weiter steigen. Auch die Volatilität, ein Angstbarometer für den Markt, ist auf Rekordtief. Die Mehrheit der Anleger spekuliert offensichtlich auch darauf, dass die Gefahren aus den geopolitischen Krisen in der Ukraine oder in Nahost beherrschbar bleiben und die Unternehmen nicht belasten werden.
Sollte sich die Situation jedoch verschärfen oder neue Krisenherde dazukommen, könnte die Nervosität an den Märkten schnell zunehmen. Zudem beginnt die Börse im zweiten Quartal gerne zu schwächeln. Im Zweifel wird man einen Grund finden, um auf den Verkaufsknopf zu drücken und Gewinne mitzunehmen. Es heißt also achtsam sein.

Generationenkapital als zusätzliche Altersversorgung

Private Altersversorgung: Die Aktienrente kommt nun doch!

Nun kommt sie also doch – die Aktienrente! Das Projekt stand aus akuten Sparzwängen aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichts, das den aktuellen Bundeshaushalt für verfassungswidrig einstufte, zunächst wieder auf der Kippe.
Die Bundesregierung hat sich nun aber auf ein zweites Rentenpaket geeinigt. Es soll das gesetzliche Rentenniveau stabilisieren – auch durch den Aufbau des sogenannten "Generationenkapitals", das vorher als "Aktienrente" bekannt wurde. Für die gesetzliche Rente sollen so zusätzliche Mittel an den Kapitalmärkten erwirtschaftet werden. Noch vor der Sommerpause soll die Gesetzesvorlage vom Bundestag abgesegnet werden.

Der Aufbau des "Generationenkapitals" soll über eine Stiftung erfolgen und größtenteils kreditfinanziert sein. Hierzu soll die Stiftung in diesem Jahr ein Darlehen in Höhe von zwölf Milliarden Euro aufnehmen. Der Betrag soll in der Folgezeit jährlich um drei Prozent erhöht werden. Hinzu kommen 15 Milliarden Euro, die der Bund bis 2028 aus eigenen Mitteln – etwa durch Übertragung von Vermögenswerten wie Unternehmensbeteiligungen – beisteuern will.
Durch die Anlage des Geldes am Kapitalmarkt, vor allem in Aktien und Fonds, soll das Fondsvermögen bis 2036 auf 200 Milliarden Euro anwachsen und dann jährlich 10 Milliarden Euro Ertrag erwirtschaften, welche dann als Zuschuss in die Rentenversicherung fließen sollen.

Verbände, wie etwa der BVI (Bundesverband Investment und Asset Management e.V.), begegnen der geplanten Darlehensfinanzierung mit Skepsis und Kritik, denn ursprünglich war mal das schwedische Vorbild angedacht: In Schweden erfolgt die Finanzierung nicht über ein Staatsdarlehen, sondern über regelmäßige Beitragszahlungen der Arbeitnehmer in einen staatlich organisierten Fonds bzw. in spezielle Fonds privater Anbieter.
Wertsteigerungen des Generationenkapitals müssen hingegen zunächst einmal die Zinskosten des Bundes erwirtschaftet, um nominal keinen Verlust zu machen.
Jetzige Rentner oder auch die demnächst aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Babyboomer werden aber ohnehin kaum von der Aktienrente profitieren, denn nennenswerte Rendite wird auch am Aktienmarkt nicht über Nacht, sondern eher über Jahrzehnte hinweg erwirtschaftet.

Die neuen Pläne der Regierung sehen zumindest keine Rentenkürzung und keine Erhöhung des Renteneintrittsalters vor. Das „Rentenniveau“ soll bis zum Jahr 2039 und darüber hinaus bei 48% stabilisiert werden – gemeint ist das Verhältnis der "Standardrente" (45 Jahre Einzahlungen) zum aktuellen Durchschnittslohn. Über das Verhältnis der eigenen Altersrente zum persönlichen Arbeitseinkommen der letzten Erwerbsjahre sagt das Rentenniveau somit nichts aus.
Die Fixierung des Rentenniveaus soll neben der Finanzierung durch das "Generationenkapital“ auch durch eine Erhöhung der Rentenbeiträge erreicht werden. Bis 2027 sollen diese bei 18,6% stabil bleiben, ab 2028 ist eine Erhöhung auf 20% vorgesehen. Im Jahr 2030 sollen es 22,3% sein. Die Belastung für die Beitragszahler wird also trotz Aktienrente steigen.

Unsere Einschätzung:
Gut gemeint, ist leider nicht gut gemacht; das war schon bei der Riester- und Rürup-Rente so. Und die Aktienrente kommt spät, sehr spät. Die Kreditfinanzierung ist eine schwere Last. Ohnehin besteht wegen der Schuldenbremse die Gefahr, dass das Stiftungsvermögen zu einem späteren Zeitpunkt wieder umetikettiert wird, wenn die Renditeerwartungen an den Aktienmarkt nicht erfüllt werden.

Den Bundestagsabgeordneten kann es egal sein. Ihre Altersversorgung ist ohne irgendeine Eigenleistung gesichert: 250 EUR monatliche Pensionsansprüche pro Mandatsjahr. Gerade eben haben sich die Parlamentarier noch eine Erhöhung um 6% genehmigt. Zum Vergleich: Für 250 EUR Monatsrente muss der Normalbürger 4 Jahre Höchstbeitrag aus eigener Tasche in die Rentenkasse einzahlen – das sind weit über 60.000 EUR.

Festgeldzinsen fallen

Festgeldzinsen sinken unter drei Prozent

Die Wende der Zinswende kommt – zumindest bei Festgeldangeboten: Wer sein Geld für zwei Jahre fest anlegt, erhält bei bundesweit aktiven Banken im Schnitt aktuell nur noch knapp unter 3% Zinsen.
Der Zinsboom beim Festgeld ist offenbar schon wieder vorbei. Trotz bislang noch unverändert hoher Leitzinsen senken immer mehr Banken ihre Festgeldkonditionen. Anfang November boten bundesweit aktive Banken im Schnitt immerhin noch gut 3,40% Festgeldzinsen.

Was ist der Grund? Perspektivisch rechnen die Kreditinstitute mit einer Eintrübung des Zinsumfelds und preisen das in ihre Festgeldkonditionen heute schon ein. In allen Marktsegmenten und über alle Laufzeiten kann man inzwischen wieder sinkende Festgeldzinsen beobachten.
Noch schlechter sieht es bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus. Die haben die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank entweder gar nicht oder nur sehr zögerlich an ihre Kunden weitergegeben. Der Unterschied zu den überregionalen Angeboten beträgt häufig mehr als 1%.

Bei täglich verfügbarem Tagesgeld liegen die Zinsen naturgemäß noch tiefer. Hier stagnieren die Zinsen seit Anfang Dezember auf nahezu unveränderter Höhe. Anders als beim Festgeld können Banken ihre Konditionen für täglich verfügbare Einlagen jederzeit an die Marktentwicklungen anpassen und müssen die erwartete Zinsentwicklung nicht im Voraus einpreisen.

Für Sparer sind die Zinsaussichten ohnehin nicht allzu rosig: Voraussichtlich im Sommer dürfte die Europäische Zentralbank zum ersten Mal wieder die Leitzinsen senken. Die Banken nehmen ein Teil dieser Erwartung bereits vorweg. Wird die Zinssenkung Fakt, schlägt das auch aufs Tagesgeld durch.

Unser Rat:
Die Inflation ist hoch und die Zinsen sind gestiegen. Niemand sollte daher sein Geld einfach auf dem Girokonto liegen lassen. Doch während am Anleihenmarkt teilweise bis zu 4-5% Zinsen möglich waren, haben viele Banken ihre Kunden nur mit Mini-Guthabenzinsen abgespeist. Fallen die Zinsen wieder, wird es für Sparer bitter. Aktienanleger dürfen sich dann hingegen freuen. Auf dem aktuellen Zinsniveau bleibt daher die Aktienanlage oftmals immer noch attraktiver als ein Tages- oder Festgeld.

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